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Alles geht in Afrika - Teil drei: Falsch verbunden

Wer behauptet, in Afrika würde nichts funktionieren, lügt ganz einfach. In Afrika klappt alles. Und um euch das zu beweisen, nenne ich gerne einige Beispiele. Hier das dritte:

„Klar funktioniert dieser Internet-Stick auch in Namibia“, erklärte mir der Vodacom-Mitarbeiter im Brustton der Überzeugung. „Und in Botswana?“, fragte ich misstrauisch. „Auch!“ „Und in Sambia?“ „Da am aller besten. Im ganzen südlichen Afrika funktioniert der.“ Na, das waren ja mal gute Nachrichten. Angespornt von dem freundlichen Verkäufer lud ich umgerechnet noch mal 50 Euro auf das Mini-Modem. Und ebenfalls auf meine Vodacom-Handykarte, mit der man ja „in allen Ländern des südlichen Afrikas telefonieren kann“.

Am gleichen Abend überquerte ich die Grenze nach Namibia. Ich schmiss den Rechner an, steckte das Modem in den USB-Anschluss. Und: Nix! Ich startete das Programm manuell. Auch nix. Ich deinstallierte und installierte neu. Ich fluchte. Ich schrie. Ich rief mir das Gesicht des kleinen, fiesen, nichtsnutzigen Vodacom-Heinis ins Gedächtnis. Ich malte eine Skizze. Ich nahm mir vor ihn zu suchen und zu finden. Und mit einem einzigen Blick zu vernichten. Aber: Immer noch nix.

Zu allem Überfluss ging auch mein Handy nicht mehr. Ich konnte also nicht mal jemanden im sogenannten Service-Center anrufen und zur Sau machen. Doch alles kein Problem. In drei Tagen würde ich in Keetmanshop sein. Da würde es sicher ein Vodacomgeschäft geben.

Gab es natürlich nicht. In Keetmanshop – ein gottverlassener Ort, der den Namen Stadt jedenfalls nicht verdient hat – gab es Telekom und Orange und MTC. Großartig, diese Auswahl. Bevor ich mich für einen Anbieter entscheiden konnte, brauchte ich aber erstmal Geld. Denn einen funktionierenden Bankautomaten hatte ich auch seit drei Tagen nicht mehr gesehen.

Bei der ersten Bank standen die Leute in zwei Reihen bis auf die Straße an. Ich hatte keine Lust zu warten und ging zur nächsten. Denn wenn man in vielen namibischen Städten auch keine frische Tomate oder gar einen Apfel im Supermarkt antrifft, gibt es mindestens 20 verschiedene Geldinstitute – meistens gleich nebeneinander. Bei der Bank of Windhoek hatte sich eine Menschenschlange gebildet, die sich fast gänzlich um das Gebäude wickelte. Ich schaute die Straße entlang. Bei jeder Bank das gleiche Bild.

Auch vor dem Sparmarkt drängelten sich Dutzende Menschen, beladen mit Tüten. Was war denn hier los? Ausverkauf? Dann sah ich zwei Männer Arm in Arm die Straße entlang torkeln. Ein dritter setzte sich gerade auf den Bordstein und sackte dann langsam in sich zusammen. Eine Ecke weiter kotzte ein jüngerer Typ gerade beherzt in eine Hecke. Das konnte nur eins bedeuten: Zahltag! In Namibia bekommen die Leute oft noch alle am gleichen Tag ihren Lohn. Und viele tragen ihn gleich in die nächste Kneipe.

Es blieb mir also nichts anderes übrig. Ich stellte mich an. Eine Stunde später hatte ich mein Geld und ging rüber zur Post. Da sollte es Prepaid-Karten fürs Handy geben. Wieder anstehen – 20 Minuten. Danach mit Handy, neuer Karte, Laptop und Internet-Stick zum MTC-Laden. Dort wieder 15 Minuten warten.

„Das ist kein Problem“, sagte der MTC-Verkäufer, nachdem ich ihm mein Anliegen erklärt hatte, „da machen wir einfach eine neue, namibische Karte von uns rein und schon wird’s gehen.“ Ging natürlich nicht. „Dann deinstallieren wir das Programm und spielen unseres drauf“, war die nächste Idee. Keine Reaktion. „Dann holen wir einfach mal ein Verbindungskabel vom Handy zum PC aus dem Lager und benutzen das Handy als Modem“. Und ich dachte immer, ich wäre ein Optimist.

Hinter mir hatte sich mittlerweile eine Schlange gebildet, die nun ebenfalls bis auf die Straße reichte. Es gab nur noch einen anderen Schalter. Entsprechend langsam ging es voran. Ich hatte ein schlechtes Gewissen. Aber keiner meckerte. Und Tom – der Verkäufer und ich hatten uns nach mittlerweile fast zwei Stunden Interaktion mal vorgestellt – winkte beharrlich alle, die sich hinter mir anstellten, in die andere Monster-Schlange.

Nils kam rein, um sich zu erkundigen, wie lange es noch dauern würde. Nun standen wir zu zweit am Schalter. Nebenan reihten sich etwa 30 Schwarze aneinander. Ich kam mir vor, wie zu Zeiten der Apartheid. Gerade hatte ich Nils ins Ohr geflüstert, dass mir das irgendwie peinlich sei, da kam auch schon ein alter, weißer Farmer in den Laden. Er blickte sich kurz um und stellte sich ganz selbstverständlich bei uns an. Und, ob man es glaubt oder nicht, er kam sofort dran. Noch mehr verblüffte mich aber die Reaktion der anderen. Man stelle sich kurz das Geschrei vor, das in Deutschland losbrechen würde, wenn sich jemand vordrängelt. Hier passiert rein gar nichts. Auf meinen fragenden Blick hin, kommentierte der Verkäufer – übrigens ebenfalls schwarz: „Die sind es gewohnt überall lange zu warten.“ Aha.

Wir machten also unbeirrt mit der Problemlösung weiter, die schließlich darin mündete, dass ich einen neues Mini-Modem von MTC kaufte – umgerechnet 70 Euro plus 30 Euro Guthaben. „Und das funktioniert dann auch in Botswana?“, fragte ich. „Ja, das funktioniert im ganzen südlichen Afrika“, versicherte mir der Verkäufer im Brustton der Überzeugung.

 

PS: Mittlerweile bin ich in Botswana. Der Stick funktioniert tatsächlich. Dafür aber die botswanische Sim-Karte von Mascom nicht, die ich in den Stick stecken muss, um hier ins Internet zu kommen. Zehn Euro habe ich dafür gezahlt, als ich sie in Kasane kaufte. Um die Internet-Funktion zu aktivieren, musste ich eine Service-Hotline anrufen. Die Dame bei der Hotline erklärte mir, dass ich zur Freischaltung persönlich in einem ihrer Service-Center vorbeikommen müsse. Das nächste sei in Maun. Von Kasane nach Maun sind es 625 Kilometer über die Straße. Oder alternativ knapp 300 Querfeldein durch zwei Nationalparks. Gestern bin ich nach fast drei Wochen Chobe, Moremi und Kalahari dort eingetroffen. Heute ist Sonntag. Also noch ein Tag Schonfrist für die Mitarbeiter bei Mascom. Morgen stehe ich auf der Matte.

 

© 2020 Daniela Meyer | www.hauptstadtjournalisten.de