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Grenzerfahrung Nr. 2 - Mosambik 

Mitten im Busch zwischen Tansania und Mosambik steht eine neue Brücke, die Unity Bridge. Am 12. Mai 2010 wurde sie nach kleineren, afrikanischen Verzögerungen – eigentlich sollte sie bereits Anfang 2008 fertig werden – feierlich von den stolzen Staatspräsidenten eröffnet.

Sie haben auch wirklich allen Grund, sich auf die Schulter zu klopfen, denn ihnen ist ein wahrhaft brillanter Coup gelungen. Sie haben es tatsächlich geschafft, die Brücke nicht, wie man vielleicht als uneingeweihter Tourist vermuten könnte, in der Nähe der Küste – der Hauptverkehrsader beider Länder – errichten zu lassen, sondern im gottverlassenen Landesinneren. Leider wurde beim eifrigen Brückenbau vergessen, eine Straße an beiden Seiten der Brücke anzubringen. Vielleicht ist auch einfach der Teer nach einem Kilometer ausgegangen. Wer weiß.

Egal. Dafür wurde das Geld der Investoren zielsicher in vier pittoresken, etwa 20 Meter hohen Beton-Stoßzähnen angelegt, die der Brücke ihre besondere Würde verleihen.

Bevor es dieses Wunder der Baukunst gab, war die einzige Möglichkeit die Ländergrenze zu passieren via Autofähre. Dummerweise versankt das gute Stück bereits vor zwei Jahren samt Ladung. Abzusehen war das natürlich nicht. Wie hätte man auch ahnen können, dass eine antike, völlig durchgerostete und überladene Sardinenbüchse die paar Meter über den Fluss nicht schaffen würde.

Auch egal. Bald würde es ja eine Brücke geben. Der Fährverkehr wurde unterdessen von den ansässigen Fischern abgewickelt. Da niemand während unserer Reise zu wissen schien, ob die Brücke bei unserer Ankunft fertig und passierbar sein würde – bis zur letzten Minute blieb es eine Überraschungsparty – trugen wir die ganze Zeit die Handynummer eines selbsternannten Fährmanns mit uns herum.

Wir hätten ihn nur anrufen müssen und er wäre irgendwann bei Flut mit zwei aneinander gebundenen Nußschalen aufgetaucht, hätte eine aus zwei Leitern selbst gebastelte Rampe vom Ufer bis zu den Bötchen gelegt, wir hätten Zuluboy – jeweils mit zwei Reifen auf jedem Boot – auf die Konstruktion gefahren. Und wären vermutlich ebenfalls dem Fluss zum Opfer gefallen. Dafür hätten wir läppische 400 Dollar berappen müssen. Versicherung gegen Wasserschäden nicht eingeschlossen.

Man kann sich also vorstellen, wie froh wir waren, nach einer mehrstündigen Fahrt über Geröll und metertiefen, roten Sand diese prächtige Brücke am Horizont zu erblicken. Die einen behaupten übrigens, sie hätte wegen eines sinnreichen und wirklich notwendigen Streits zwischen den Regierungen und den Dorfhäuptlingen der Küste schließlich im Niemandsland gebaut werden müssen. Andere sagen, die Regierung hätte die einleuchtende Eingebung gehabt, durch den Brückenbau mehr Touristen in diese trostlose Gegend zu locken. An dieser Stelle sei ganz abgesehen vom Fehlen jeglicher Infrastruktur, eingeschlossen Gästehäuser, Imbisse und selbst Marktstände nochmals kurz an die nicht vorhandene Straße erinnert. Es ist davon auszugehen, dass diese etwa ein Jahr nachdem die Brücke eingestürzt ist, fertig wird.

Ebenfalls egal. Wir würden jedenfalls trockenen Fußes auf die andere Seite gelangen. Da gab es nur noch ein kleines Problem. In vielen afrikanischen Ländern verlangen die Grenzer ein sogenanntes Carnet de Passage – eine Importlizenz, die im gesamten Afrika gilt, allerdings sehr teuer und für Touristen schwierig zu bekommen ist. An allen anderen Ländergrenzen war es kein Problem gewesen, eine kurzfristige Lizenz für 30 Tage für jeweils etwa 25 Dollar zu erwerben. Bis einen Tag vor unserer Abreise aus Tansania waren wir davon ausgegangen, dass dies auch für Mosambik gilt. Zum Glück erfuhren wir von anderen Reisenden, dass die Beamten an der recht neuen Grenze solche Extravaganzen noch nicht kennen und keine Alternativen zum Carnet anbieten.

Doch kein afrikanisches Problem ohne afrikanische Lösung: An der tansanischen Grenzstation erzählten wir wichtigtuerisch, wir bräuchten dringend noch ein leeres Formular der temporären Importlizenz für unsere Unterlagen from Germany. Dieses füllten wir, im Wissen, dass der Grenzbeamte auf der mosambikischen Seite kein Wort Englisch verstehen oder lesen könnte, fein säuberlich aus. Wir grüßten überschwänglich mit „Bom Dia“ und warfen eifrig mit zuvor gelernten, portugiesischen Floskeln um uns.

Nachdem er unsere Pässe kontrolliert und gestempelt hatte, kam tatsächlich die Frage nach dem Carnet. Erneut sehr wichtigtuerisch skandierten wir: „We from German. We have this document“. Und wedelten dabei wild mit der tansanischen Importlizenz. Offensichtlich war der Grenzer nicht mit offiziellen, hoch wichtigen, deutschen Dokumenten vertraut. Einen Moment betrachtete er den Wisch, auf dem zu oberst „Republic of Tansania“ stand. Er müsse nur hier „on this line“ unterzeichnen, dann wäre alles in Ordnung. Ach ja, und bitte hier noch einen Stempel drauf. Hier? Ja genau. Vielen Dank – Obrigado! Und Adeus!

Wir hatten die Grenze nicht nur ohne Carnet passiert, wir hatten nicht mal etwas für die Lizenz bezahlt. Großartig! Das war gehobene, afrikanische Improvisationskunst, die man erst nach mehrmonatigem Aufenthalt zur Perfektion bringt. Aber so weit waren wir dann offenbar doch noch nicht. Auf dem Weg vom Parkplatz zur Straße überfuhren wir vor Begeisterung im Rückwärtsgang noch kurz die zehn Meter lange Fahnenstange, an der die mosambikische Flagge nun nicht mehr stolz im Wind weht, sondern eher den Boden scheuert. Naja, auch egal. Wir haben ja noch einen Monat Zeit zum üben. An der Grenze von Mosambik nach Südafrika haben wir ja noch eine Chance einen Ausreisestempel auf unsere Importlizenz zu ergattern ohne Staatseigentum zu beschädigen.

© 2020 Daniela Meyer | www.hauptstadtjournalisten.de